Online-Versicherungschecks Teil 1: Der Bedarfscheck der Stiftung Warentest im Test



Versicherungsberatung ist ein komplexes Thema. Um Verbraucher bei der Suche nach dem richtigen Versicherungsschutz zu unterstützen, finden sich im Netz zahlreiche Tools, um den eigenen Bedarf in Sachen Versicherungen besser überblicken und einschätzen zu können.

Wir haben uns verschiedene Versicherungschecks online angesehen und werden hier in einer kleinen Serie die Tools vorstellen und bewerten. Mit dem Test des Online-Bedarfschecks der Stiftung Warentest (Finanztest) fangen wir heute an.


Wer schon mal selbst einen Blick auf das Tool werfen möchte, findet es unter diesem Link:


Look & Feel des Versicherungschecks von Finanztest

Der Bedarfscheck von Finanztest ist nicht nur übersichtlich, sondern auch schön und einfach gestaltet. Der Verbraucher kann sich seine persönliche Lebenssituation unkompliziert zusammenklicken und das "Lebensbild" zeigt sehr schön grafisch an, welche Wahl man getroffen hat. Per Klick auf die einzelnen Bereiche lassen sich die Punkte bei Bedarf auch schnell verändern.

Insgesamt ein schön gestaltetes und in der Eingabe einfach gehaltenes Tool.

Auch in Sachen Technik macht der Online-Bedarfscheck von Finanztest eine gute Figur: Ob auf PC, Tablet oder Smartphone - das Tool funktionierte reibungslos.


Fragesystematik des Versicherungschecks: Erster Schritt - Der Bedarf

Die Fragen zum Bedarf sind größtenteils leicht zu beantworten und verständlich für jedermann. 
Dabei folgt die Fragesystematik des Versicherungs-Bedarfschecks den "typischen" Eckfragen:
  • Alter
  • Familienstand und -situation (Paar mit Kindern...)
  • Beruflicher Status (Arbeitnehmer, Selbständiger...)
  • Wohneigentum (Selbst- und fremdgenutzt)
  • Spezielle Haftungsrisiken (KFZ, Tierhaltung, Öltank, Bauherr...)
  • Auslandsreisen
Dann ist unnser "Lebenssituationsbild" fertig.

Einziges Manko in diesem ersten Schritt: Erst fragt das Tool mich, ob ich ein Haus besitze und dann noch, ob ich Immobilien- oder Grundstückseigentümer bin.

Mir als Fachmann ist klar, worauf die Frage abzielt - es geht um fremdgenutztes Eigentum, das über eine zusätzliche Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung abgedeckt werden müßte. Bei dem ersten Testlauf fragte ich mich aber ebenfalls sofort: "Warum wollt ihr das NOCHMAL wissen?" Das könnte für einen nicht weiter informierten Verbraucher verwirrend sein.


Zweiter Schritt - Status Quo

Im zweiten Schritt haben wir dann die Möglichkeit, alles anzukreuzen, was wir schon an Versicherungen haben und damit sind wir auch schon fertig.


Auswertungssystematik von Finanztest im dritten Schritt

Jetzt ist es soweit: Finanztest zeigt mir meinen Versicherungsbedarf auf, sagt mir, welche Versicherungen sinnvoll und welche überflüssig sind.

Sehr übersichtlich gliedert die Auswertung meinen Absicherungsbedarf in "Unbedingt", "Sehr zu empfehlen", "Sinnvoll" und "Überflüssig". Zu den einzelnen Versicherungen kann ich jeweils weitere Details auf dem Bildschirm aufrufen.

Insgesamt bekomme ich eine sehr aufgeräumt wirkende Übersicht über den Bedarf, den Finanztest bei mir festgestellt (oder vermutet) hat.


Auswertungssystematik: Vierter Schritt - Weitere Schritte

Im vierten Schritt komme ich zu der Bewertung meiner Versicherungssituation in einem Satz. In meinem Modellfall "Sie sind noch nicht optimal versichert."

Darunter finde ich meine von Finanztest vorgeschlagenen nächsten Schritte nachdem ich nun den Bedarfscheck erfolgreich absolviert habe. "Alte Verträge überprüfen", "Schutz optimieren" und "Überflüssige Verträge kündigen" finde ich dort als Checkliste aufbereitet.

Und ich finde dort neben einer Musterkündigung natürlich die Links zu den Tests, die Finanztest veröffentlicht hat und auch gleich die Bewerbung der "test.de-Flatrate" - die Tests sind schließlich nicht kostenlos zu beziehen.


Bewertung: Der Versicherungscheck der Stiftung Warentest (Finanztest) ist bunt, unkompliziert und - viel zu einfach

Der Link zu dem Bedarfscheck verspricht: "Prüfen Sie einfach und bequem Ihren Versicherungs­bestand. Finden Sie heraus, was Sie wirk­lich brauchen und was nicht. Erfahren Sie in wenigen Schritten, wie gut Ihr aktueller Versicherungs­schutz ist und wie Sie Geld sparen können – mit dem kostenlosen inter­aktiven Versicherungs­check auf test.de."

So schön einfach die wenigen Fragen zur Lebenssituation sind und so bunt und übersichtlich das Tool auch aufgebaut ist - die Sinnhaftigkeit steht und fällt mit der Nutzung der Daten in der Auswertung und der Qualität der Vorschläge bei der weiteren Umsetzung.

Ein paar der Kritikpunkte in der Übersicht:
  • Zu wenig Fragen: Um einen Versicherungsbedarf auch nur ansatzweise vernünftig zu ermitteln, braucht es mehr Fragen und mehr Detailtiefe - das Tool sieht hübsch und übersichtlich aus, ermittelt aber nicht ernsthaft einen Bedarf
  • Zu generalisierend: Die Auswertung erfolgt sehr generalisiert in einem - allerdings für die Stiftung Finanztest üblichen - Schwarz-Weiß-Denken ("Kapitallebensversicherungen sind schlecht - weg damit!" - ich werde "einen Teufel tun" und meinen steuerfreien mit garantiert 4% verzinsten Lebensversicherungsvertrag schön behalten... ;-) )
  • Unseriöse Versprechungen: Obwohl das Tool gar nichts über meine bestehenden Verträge weiß, kritisiert es den bestehenden Schutz dennoch - und das mit utopischen Versprechungen. (Zum Beispiel wird mir versprochen, daß ich in der Wohngebäudeversicherung mehrere Hundert Euro sparen könnte, in der Hausratversicherung sind sogar bis zu 1.000 Euro Ersparnis drin... Da fragt man sich unwillkürlich, was für Paläste so ein Finanztestler bewohnt... ;-) )
  • Fehlerhafte Auswertung: Auch wenn ich selbständiger Single bin, schlägt mir Finanztest die Riesterrente vor. Dabei kann man die Riester-Förderung nur bekommen, wenn man in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert ist - und das trifft bei Selbständigen selten zu. (Die Riesterrente wird mir auch als Nicht-Berufstätiger vorgeschlagen - hier werden die angegebenen Daten einfach nicht vernünftig genutzt).
  • Unausgewogene Risikobetrachtung: Über die von Finanztest gesetzten Wertigkeiten läßt sich streiten: Ist eine Wohngebäudeversicherung nur "sehr zu empfehlen" und nicht für jemanden, der seine eigenen vier Wände bewohnt und finanziert "absolut notwendig"? Ist eine Kaskoversicherung nur "sinnvoll" - vor allem, wenn ich den Wert des Wagens gar nicht erfragt habe? Ist ein Autoschutzbrief und eine Reiserücktrittsversicherung (beides überschaubare und tendenziell tragbare Risiken) tatsächlich genauso wichtig wie eine Hausratversicherung oder eine Unfallversicherung (bei denen tatsächlich um 5 bis 6-stellige Summen gehen kann)? Das muß wohl jeder für sich entscheiden...

Ein Fazit zum Versicherungscheck im Ganzen

Der Online-Versicherungscheck von Finanztest sieht nett aus, taugt aber nicht zur Bedarfsermittlung und - leider - auch nicht zur einfachen Orientierung in Sachen Versicherung. Dafür werden viel zu wenige Fragen rund um den Bedarf des Kunden gestellt.

Vollkommen nutzlos wird ein Tool zur Bedarfsermittlung dann, wenn  selbst die wenigen Fragen, die gestellt werden, in der Auswertung nicht sauber berücksichtigt werden (wie im Fall der Riester-Förderung für ledige Selbständige oder nicht Berufstätige) und die Wertigkeiten der betrachteten Versicherungen nicht dem Risiko entspricht, die diese tragen (wie bei der gleichen Einstufung von Hausrat- und Schutzbriefversicherung).

Diese Kritikpunkte in Verbindung mit den generalisierenden (und nachweisbar falschen) Aussagen wie "Diese Versicherung ist sehr teuer - sparen Sie besser anders für Ihre Beerdigung" (Sterbegeld) und den utopischen Versprechungen ("Sparen sie bis zu 1.000 Euro in der Hausratversicherung") zeigen jedem, der sich seriös damit beschäftigt, daß der Versicherungscheck insgesamt betrachtet unbrauchbar ist.

Man gewinnt allerdings im letzten Schritt des Finanztest-Versicherungschecks den Eindruck, daß es auch gar nicht so sehr um den Bedarf des Kunden, sondern um den Verkauf der Test-Artikel geht. Anders ist die reißerische Aufmachung und das Locken mit unseriösen Ersparnishöhen nicht zu erklären.

Meine Güte, liebe Finanztestler - das könnt ihr doch besser!

Ich persönlich war herb enttäuscht ausgerechnet von dem Tool, von dem ich mir am Anfang der Testreihe am meisten versprochen hatte. :-(

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Kommende Woche geht es weiter - bleibt dran und freut euch drauf!

Kennt ihr ein tolles Tool zur Bedarfsermittlung für Versicherungen? Schreibt uns und wir stellen es hier vor.

Viele Grüße & bleibt uns gewogen,

Euer Mark

Gute Beratung gibt´s bei uns. Selbstverständlich auch Online.


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