Geförderte Pflegeversicherung "Pflege-Bahr" - wer braucht diese Absicherung wirklich?

Niemand, der gesund ist und eine normale Pflegezusatzversicherung abschließen könnte.

Aber von vorne: Der sogenannte "Pflege-Bahr" ist eine staatlich geförderte Pflegezusatzversicherung, die den gesetzlichen Schutz aus der Pflegepflichtversicherung ergänzen soll. Denn die gesetzlich vorgesehenen Leistungen sind eher der berühmte "Tropfen auf dem heißen Stein".

Der "Pflege-Bahr" wurde eingeführt, um den Bundesbürgern eine private Vorsorge für den Pflegefall schmackhafter zu machen und das Thema mehr in den Fokus zu rücken - denn bei einer immer älter werdenden Gesellschaft steigt natürlich auch die Zahl der Pflegebedürftigen an - und das ist ein Risiko für Gesellschaft und Sozialstaat.

ABER: Der vergleichsweise mickrigen Förderung in Höhe von 5 Euro monatlich (bei mindestens 10 Euro monatlich, die selbst zu zahlen sind) stehen immense Nachteile gegenüber: 

  • der Vertrag muß erst 5 (!) Jahre laufen, ehe überhaupt eine Leistung fällig wird.
  • die meisten Tarife am Markt müssen im Pflegefall zudem weitergezahlt werden, was die versicherten Leistungen hintenherum wieder kürzt
  • der Gesetzgeber gibt eine gestaffelte Mindestleistung vor - man kann seinen individuellen Bedarf der Höhe nach und nach den Pflegestufen also nicht flexibel absichern
Hinzu kommt:
Die Versicherer dürfen in diesem geförderten Tarif keine Gesundheitsfragen stellen - jeder muß versichert werden, es sei denn, er wäre bereits ein Pflegefall. Man kann sich also auch dann versichern, wenn man bereits chronisch krank ist.

Das ist mit Sicherheit ein Vorteil für uns als Bürger und für einen staatlich geförderten Vertrag richtig und unumgänglich - das bedeutet allerdings auch, daß die Pflege-Bahr-Tarif in Zukunft höhere Leistungsauszahlungen haben werden, als die normale private Pflegezusatzversicherung. Und das wiederum bedeutet: Überproportional steigende Beiträge.

Daher die Empfehlung:  Wer eine Pflegezusatzversicherung abschließen möchte und gesund genug ist, um eine "normale" Pflegezusatzversicherung abzuschließen, der macht besser einen großen Bogen um den "Pflege-Bahr" und nimmt einen guten ungeförderten Tarif.

Wer vorsorgen möchte und aus gesundheitlichen Gründen keinen normalen Schutz erhält, für den ist der Pflege-Bahr eine gute Alternative.

Aber: Wer braucht überhaupt eine Pflegezusatzversicherung?

Theoretisch jeder - wenn man die bestehenden Absicherungen ausser acht läßt, die ebenfalls leisten, wenn man pflegebedürftig wird. Die Versichererargumentation sieht ungefähr folgendermaßen aus:

"So ein Pflegeheim kostet knapp 4.000 Euro bei Pflegestufe III, rund 1.500 Euro gibt´s von der Pflegeversicherung dazu - also mußt du 2.500 Euro selber tragen!".

Das ist "Sargdeckelklapperei" und Panikmache. Die Situation sieht etwas anders aus: Abgesehen von der gesetzlichen Pflegepflichtversicherung leisten im Pflegefalll auch noch weitere Versicherungen, wenn du dort versichert bist bzw. Ansprüche hast : 
  1. Die gesetzliche Rentenversicherung leistet die volle Erwerbsminderungsrente (ca. 34% deines Bruttos - "ganz grob über´n Daumen")
  2. Eine eventuell abgeschlossene Berufsunfähigkeitsversicherung leistet ebenfalls bei Pflegebedürftigkeit die vereinbarte Rente.
  3. Sogenannte Existenzrenten-, DreadDisease- oder Grundfähigkeitsabsicherung leisten meist auch bei Pflegebedürftigkeit.
Damit sieht die Situation z. B. etwas anders aus: "4.000 Euro kostet ein teures Pflegeheim bei Pflegestufe III - 1.500 Euro zahlt die Pflegeversicherung, 1.000 Euro gibt´s als Erwerbsminderungsrente, 1.000 Euro z.B. aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung - bleiben nur noch 500 Euro übrig, die man absichern müßte - und auch NUR bei Pflegestufe III."
(Diesen Rest abzusichern kostet übrigens rund 25 Euro IM JAHR!).

Ist eine Familie auf mich angewiesen, müßte man natürlich anders rechnen - aber immer daran denken, was für Ansprüche man außer der reinen Pflegeversicherung noch hat...

Abgesehen von der "sauberen" Berücksichtigung bereits bestehender Absicherungen stellt sich auch die Frage, wie hoch eigene Risiko, pflegebedürftig zu werden, überhaupt ist.

Einige wirklich  interessante Informationen dazu finden sich im Demografie-Portal des Bundes und der Länder - unter anderem diese Grafik:

Kein schlechtes Argument, früh abzuschließen ist das häufig gehörte "Sparen kannst du sowieso nichts, weil die Beiträge mit dem Alter des Versicherungsabschlusses steigen".

Das stimmt nämlich rechnerisch... Ein Beispiel: Würde ein 25-Jähriger 1.000 Euro zusätzliches Pflegetagegeld ab Pflegestufe I (also auch für II und III) abschließen, kostet ihn das in unserem "Flex"-Tarif 24,90 Euro monatlich. Bis Endalter 90 gerechnet kommen so 19.422 Euro zusammen. Schließt er den Vertrag als 55-Jähriger ab (von der Annahme ausgehend, die Tarife würden gleich bleiben), hat er einen Monatsbeitrag von 78,30 Euro zu zahlen - das ergibt 32.886,00 Euro bis Endalter 90 - mehr als 50% mehr zu zahlen.

Allerdings kommt da die Frage der eigenen Priotitäten ins Spiel: Eine Berufsunfähigkeits-versicherung leistet auch bei Pflegebedürftigkeit und ist für unseren Beispiel-Mittzwanziger viel wichtiger, als eine reine Pflegezusatzversicherung. Mit einer zusätzlichen Existenz- oder Dread-Disease-Absicherung kann er die restliche Lücke auffüllen und hat quasi nebenher noch weitere Eventualitäten abgesichert. Und mit der Anbündelung einer "kleinen" Pflegezusatzversicherung mit der Option auf spätere Aufstockung des Schutze ohne erneute Gesundheitsprüfung wäre "der Ball dann rund".

Und mal praktisch gesprochen: Sein Geld kann man nur einmal ausgeben.

Fazit des Ganzen:

  • "Pflege-Bahr" - nur wenn du krank bist und keine normale Absicherung bekommst.
  • "Pflegezusatz generell" - wird ca. ab 50. Lebensjahr interessant
  • Und vorher? Kombiniere Berufsunfähigkeitsversicherung, Existenzrenten- oder DreadDisease-Versicherung mit einer "kleinen" Pflegezusatzversicherung, die dir die Möglichkeit gibt, den Schutz später ohne erneute Gesundheitsprüfung zu erhöhen
  • Wenn du schon heute das Komplettpaket bezahlen kannst und möchtest, macht es allerdings rechnerisch Sinn, das zu tun - günstiger wird es nicht.
Viele Grüße,

Mark

Gute Beratung gibt´s bei uns. Selbstverständlich auch Online.


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